Anlässlich unseres ersten Geburtstages, haben wir die weltweit renommierte Künstlerin Mia Florentine Weiss nach ihrer Sicht auf die Mutterschaft und auf ihre Stillzeit befragt. Wie sie sich schon immer als « Muttertier » sieht und welche Erkenntnisse sie durch ihre beiden Geburten erhalten hat, verrät sie uns in diesem Interview.
Du bist seit Ende September Mama von zwei Söhnen. Hierzu wünschen wir dir alles erdenklich Liebe. Warum wolltest du Mutter werden und wie hat sich dein Leben dadurch verändert?
Ich war schon immer „Muttertier“ - für meine Arbeit, im Ausleben meiner Kreativität und im Vorantreiben meiner Projekte. Insofern habe ich unendlich viele Kunstkinder und als ich mich vor zehn Jahrenstark mit dem Begriff “Protection”, “Uterus”, “Schutzraum” beschäftig habe und viele Arbeiten und Performances zu diesem Thema gemacht habe (z.B. einen lebensgroßen Inkubator, in dem ich lag wo Menschen hinein greifen konnten – please do touch – touching can heal the art!) wurde ich tatsächlich schwanger und bin unendlich dankbar für diese echte, einzige Erfahrung des Mutterseins –dass es nochmal passieren würde war auch eher Schicksal – ich geniesse gerade wieder diese innige Zweisamkeit – Haut an Haut – mit Baby Nr 2 und bin viel entschleunigter als beim ersten. Ich lasse mich komplett auf diese Zeit ein und empfinde es als Umarmung des Universums.
Was hast du über dich selbst gelernt nach der Geburt deines ersten Sohnes?
Dass Frauen alles schaffen – wir sind Kunst. Unser Körper ist ein Kunstwerk, denn wir haben die Fähigkeit zu gebären, Leben zu schenken. Frau & Geburt ist das größte Gesamtkunstwerk, was es gibt!
Wie ist dein Verhältnis zur Natur und wie beeinflusst sie deinen Alltag als Mutter, Frau und Mensch?
Wir müssen aufpassen, dass wir nicht nur noch an digitalen Nabelschnüren hängen, sondern Mutter Natur – der eigentlichen Ur-Mutter den Raum geben, den sie verdient. Da wir mitten im Antrophozän angekommen sind, ist die Balance aus allem so wichtig. Unseren Wurzeln, der Gegenwart und der hochtechnologisierten Zukunft.
Stillen ist natürlich, auch wenn es nicht angeboren ist. Welche Bedeutung hat das Stillen deines Kindes für dich?
Es ist jeden Tag und Nacht wie eine lange warmewunderschöne Umarmung in den Stürmen des Alltags – ich liebe es!
Hast du dich in deiner ersten Stillzeit wohlgefühlt?
Sehr – mit allen Schattenseiten, der Liebe und dem Schmerz – der Freiheit des Appumpens aber auch der Innigkeit des Haltens meines Kindes am bloßen Körper. Dem Akt des Stillens habe ich ein Werk gewidmet – Muttertier – eine Performance im Senckenberg Museum in Frankfurt am Main – Ich– das Muttertier quasi direkt nach der Geburt in mitten der Diskrepanz aus Natur & Fortschritt – die Ambivalenz aus künstlich & natürlich – und der weibliche Homo Sapiens genau dazwischen.
Welche Erwartungen hattest du an deine zweite Stillzeit und wie beeinflussen deine ersten Erfahrungen nun deine zweite Stillzeit?
Panta rhei – im wahrsten Sinne des Wortes – ich habe immer alles auf mich zu kommen lassen – ich war beide Male bereit, für alles was kommen sollte – und die Milch floss, worüber ich sehr dankbar bin. Wenn es nicht so gekommen wäre, hätte ich das auch akzeptiert.
Deine LOVE/HATE Skulpturen haben die Welt erobert, wie ein gewaltiger #lovestorm. Du machst mit deiner Kunst aber auch das Muttersein, Mutterwerden und das Stillen zum Thema. Welche Message möchtest du hier in die Welt herausschicken?
Frauen sind der Ursprung der Welt, denn ihr Uterus ist die größtmögliche Kreativitätsstätte – Gebären ist Liebe ähnlich der Schöpfungsgeschichte insofern ist meine Kunst eine Liebeserklärung an unsere Erde - Mutter Natur – und alle Mütter, die für andere sorgen – auch wenn sie keine Kinder haben.
Wenn es eine Erkenntnis oder einen Ratschlag gäbe, den du einer (zukünftigen) Mutter weitergeben möchtest, welche(r) wäre das?
DU bist genau richtig. DU machst alles genau richtig. DU bist ein Wunder der Natur.
Zur Person : Mia Florentine Weiss (*1980 Würzburg) ist eine in Deutschland geborene performative Konzeptkünstlerin. Ihre Arbeit umfasst unterschiedliche künstlerische Disziplinen wie Performance, Text, Blut,Installation, Skulptur, Objéts trouves, Photo und Film. Ihre Kunstwerke wurden bereits weltweit ausgestellt. Heute lebt sie mit ihrer Familie in Berlin.
Photo Credit: Markus C Hurek @menschundlicht